44
November/Dezember 2016
D
as Grätzlhotel ist kein Hotel im herkömmlichen Sinn –
obwohl es genauso professionell betrieben wird. Es be-
findet sich weder in einem einzigen großen Gebäude,
noch füllt es in Resort-Manier mehrere Bauten. Dieses Hotel
besteht im Grunde „nur“ aus individuellen Suiten, die alten
Ladenlokalen neues Leben einhauchen und sich dabei auf ver-
schiedene Gebäude eines Stadtviertels verteilen. Statt gewohn-
ter Hotel-Infrastruktur wie Lobby, Rezeption, Bars und
Restaurants erwartet den Gast ein Nachbarschafts-Netzwerk,
das all diese Nutzungen extern abdeckt. Der Gast entscheidet
selbst, inwieweit er dieses Netzwerk in Anspruch nimmt.
Wünscht er so wenig „offizielle Berührpunkte“ wie möglich,
nimmt er in einem Café oder Unternehmen des Stadtviertels,
das als Rezeption kooperiert, lediglich seinen Zimmerschlüssel
in Empfang und gestaltet seinen weiteren Aufenthalt wie ein
(Wahl-)Wiener, der nicht im Hotel, sondern in seiner Wohnung
nächtigt. Und auch wenn er sich des Netzwerks bedient, hält
sich das Hotelgefühl in Grenzen, denn in den vielen angebun-
denen Nachbarschaftsbetrieben vermischt er sich ganz natür-
lich mit den Nicht-Grätzlhotel-Gästen. Das ermöglicht es ihm,
Wien individueller zu erleben – denn da Inhouse-Angebote wie
www.hotel
bau
.de
Umbau
„Die Schneiderin“ war der Prototyp
eines Streetlofts, das ein leer stehen-
des Ladenlokal mit einer neuen
Nutzung beleben sollte. Hiermit
legten Theresia Kohlmayr, Johannes
Lutter und Christian Knapp den
Grundstein für das Grätzlhotel
Belvedere. Das Design – reduziert-
modern – ist an die frühere Raum-
nutzung als Ballroben-Schneiderei
angelehnt.
Das Grätzlhotel ist die Reaktion der Hotellerie auf den Airbnb-Trend: Gäste sollen individuell wie in einer
Privatwohnung wohnen – jedes Zimmer anders –, aber je nach Bedarf umsorgt wie in einem Hotel. Dazu
hat die Urbanauts Hospitality Group in leer stehenden Wiener Ladenlokalen bis dato 21 Hotelsuiten verteilt
auf drei „Grätzl“ errichtet.
GRÄTZLHOTEL, WIEN
Unikate
mit
Anschluss
1
2