Sonntag, 8. Dezember 2024

Hotelinvestmentmarkt Deutschland: Schwaches Auftaktsquartal

Das Transaktionsvolumen am deutschen Hotelinvestmentmarkt belief sich im ersten Quartal 2023, je nachdem welche Analysen man zu Rate zieht, auf einen Wert zwischen 159 und 272 Mio. Euro (siehe Tabelle). Die starke Diskrepanz rührt von den unterschiedlichen Datengrundlagen her.

Transaktionsvolumen Hotelinvestmentmarkt Deutschland Q1/2023 in Mio. Euro
CBRE JLL Cushman & Wakefield Colliers BNP Paribas Mittelwert
159 194 200 225 272 211

Einig sind sich alle Marktbeobachter in einem: Das war bislang mau und ein sehr schwaches Auftaktsquartal im Vergleich zu den Vorjahren.

Was sind die Gründe für das verhaltene erste Quartal? Dazu einige Stimmen:

Helena Rickmers, Associate Director Hotel Investment bei CBRE: „Der Markt ist aufgrund des volatilen Finanzierungsumfelds und mangelnder Transaktionsevidenz, die die Preisfindung erschwert, weiterhin von Zurückhaltung geprägt. Zum Jahresauftakt 2023 wurde keine Transaktion in der Größenklasse ab 50 Millionen Euro registriert. Der Großteil der Transaktionen fand in der Größenklasse 20 bis 49,9 Millionen Euro statt, die rund 40 Prozent des Gesamtvolumens ausmachten. Die beiden großvolumigsten Objekte wurden vom aktuellen beziehungsweise zukünftigen Betreiber erworben. Das unterstreicht das Vertrauen der Betreiber in den deutschen Hotelmarkt.“

Heidi Schmidtke, Managing Director der Hotels & Hospitality Group von JLL Germany: „Viele An- und Verkäufer haben im ersten Quartal abwartend agiert, um die geopolitische und makroökonomische Situation zunächst weiter zu beobachten. Die Gesamtstimmung und der Ausblick am Hotelmarkt, insbesondere im Vergleich mit anderen Assetklassen, bleibt jedoch positiv, dank starker Leistungsergebnisse im Jahr 2022 sowie Anfang 2023.“

René Schappner, Head of Hotel bei Colliers: „Viele Prozesse, die bereits im letzten Jahr initiiert wurden, sind immer noch nicht abgeschlossen oder teilweise auf Eis gelegt. Die schwächelnde Konjunktur und hohe Inflation in Verbindung mit steigenden Zinsen und Finanzierungskosten bremsen die Marktdynamik derzeit deutlich aus. Während einige Käufergruppen aktuell sehr zurückhaltend agieren, sind andere durchaus aktiv, wenngleich auch sie sich eher selektiv verhalten. Wenig überraschend sind es vor allem eigenkapitalstarke Investoren, die Opportunitäten suchen. Aber auch Corporates, die ihren eigenen Bestand ausbauen wollen, sind nach wie vor sehr präsent. So kamen knapp 41 Prozent des investierten Kapitals im ersten Quartal von Corporates, beziehungsweise Eigennutzern.

Alexander Trobitz, Geschäftsführer und Head of Hotel Services der BNP Paribas Real Estate GmbH: „Nachdem im vierten Quartal 2022 das Investmentgeschehen auf dem Hotelmarkt kurzzeitig wieder an Fahrt gewann, ist das Tempo im ersten Quartal 2023 gedrosselt. Vor allem das Fehlen von Portfoliotransaktionen zeichnet hierfür verantwortlich. Darüber hinaus agieren Investoren in der aktuellen Marktphase besonders selektiv. Dies drückt sich wahrnehmend in der Risikobereitschaft aus, da bislang vornehmlich Core- und-Core-Plus-Transaktionen verzeichnet wurden.“

Bekannte Transaktionen in Q1/2023
Objekt Verkäufer Käufer Quellen
Mercure Hotel Heilbronn. Das Hotel soll nach Erweiterung auf 140 Zimmer im Sommer dieses Jahres eröffnet werden. Investhotel Whitbread / Premier Inn (zukünftiger Betreiber der Immobilie) JLL, Cushman & Wakefield
Projektentwicklung des Premier Inn Hotel Köpenick mit 257 Zimmern. Die Bauphase startet voraussichtlich im Laufe dieses Jahres, die Fertigstellung des 3-Sterne-Hotels ist für 2025 vorgesehen Project Immobilien Wohnen und Gewerbe GmbH Whitbread / Premier Inn JLL, Cushman & Wakefield
Steigenberger Hotel in Dortmund als Teil des Westfalen-Centers.
4-Sterne-Hotel mit 166 Zimmern. Mit etwa 22 Prozent der Mietfläche ist die Steigenberger Hotel GmbH Hauptmieter der Immobilie
Schweizer AFIAA Anlagestiftung für Immobilienanlagen im Ausland Union Investment JLL
Holiday Inn Express Offenburg. 3-Sterne-Hotel mit 149 Zimmern. Die Immobilie ist langfristig an den Franchisenehmer Tristar verpachtet. Hospitality 1 Offenburg, ein Joint Venture der Oxalis REIM GmbH, Zeitgeist Estates GmbH und der Property3 Group GmbH Quadoro Investment GmbH JLL, Cushman & Wakefield
stays by friends Bochum mit 177 Zimmern Anter Group Alchemy Step Hotel Group (ASHG). Plant ein Rebranding hin zur Moxy-Marke JLL, Cushman & Wakefield

 

Wie geht es weiter?

Helena Rickmers, CBRE: „Wir gehen davon aus, dass sich das Marktumfeld im Laufe des Jahres weiter stabilisieren und die Investitionsdynamik spätestens in der zweiten Jahreshälfte wieder zunehmen wird. Die Fundamentaldaten sind sehr positiv und die Produktpipeline ist gut gefüllt. Daher blicken wir positiv in die Zukunft, auch wenn genaue Vorhersagen angesichts der makroökonomischen Herausforderungen kaum möglich sind.“

Heidi Schmidtke, JLL: „Trotz weiterhin bestehender Unwägbarkeiten im Bankensektor und an den Kapitalmärkten sehen wir recht viel Aktivität und damit auch deutlich positive Signale, sodass in den kommenden Monaten eine erhöhte Transaktionsaktivität zu erwarten ist. Die Zwei-Milliarden-Euro-Marke für das Gesamtjahr ist mit diesem ersten Quartal allerdings zunächst in weitere Ferne gerückt. Das meiste Kapital tummelt sich im Core-Plus- und Value-Add-Bereich und hofft auf Basis der guten Leistungsergebnisse in Kombination mit gefallenen Preisen auf neue Chancen. Diese könnten sich insbesondere aus bald anstehenden Refinanzierungen und strategischen Portfoliobereinigungen ergeben.“

Josef Filser, Head of Hospitality Germany & Austria bei Cushman & Wakefield: „Wir erwarten im zweiten Halbjahr eine Zunahme der Marktaktivitäten. Es stehen zahlreiche Hotels, auch Portfolios, zum Verkauf, was voraussichtlich ab dem 3. Quartal zu einer höheren Abschlussquote und Investmentaktivität führen wird. Förderlich dürfe auch sein, dass sich die Schere zwischen Kaufpreiserwartungen und Zahlungsbereitschaft langsam schließt. Zudem setzt sich die Markterholung im Hotelbereich weiter fort. Bereits jetzt liegt die Performance in vielen Märkten über dem Vor-Corona-Niveau.“

René Schappner, Colliers: „Derzeit sind mehrere Objekte am Markt, auch Portfolios, für die es Interessenten gibt. Wir sehen derzeit auch, dass sich Käufer und Verkäufer in den Preisverhandlungen zusehends annähern. Grund hierfür ist vor allem die Tatsache, dass viele Verkäufer ihre Preisvorstellungen mittlerweile dem neuen Zinsniveau angepasst haben. Zwar halten die gestiegenen Risikoanforderungen und Margen der Finanzierer die Finanzierungskosten weiter hoch, mittlerweile sollten aber die SWAP-Rates ihren Höhepunkt hinter sich gelassen haben. Gleichwohl werden weitere Zinsentscheidungen der EZB unter dem Eindruck der Turbulenzen an den Finanzmärkten getroffen, was den Zinserhöhungszyklus verlangsamen und wahrscheinlich im zweiten Halbjahr stoppen dürfte. Entsprechend wird die Planungssicherheit auf Finanzierungsseite steigen.“

Alexander Trobitz, BNP Paribas: „Der im Jahr 2022 begonnene Preisfindungsprozess sollte in absehbarer Zeit abgeschlossen sein, sodass zum Halbjahr mit einer neu erlangten Preisklarheit mehr Transaktionen stattfinden dürften. Betreiberseitig hat sich die Situation unlängst aufgehellt, was an der raschen Erholung der Performance-Kennzahlen eindrucksvoll erkennbar ist. Besonders starke Marken mit gefestigten Konzepten profitieren vom aktuellen Aufschwung. Dieser Umstand vermindert das zwischenzeitlich angestiegene Betreiberrisiko und erhöht reziprok die Planbarkeit möglicher Investments.“

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